Zwischen 1898 und 1901 beschafften die Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen (K.Sächs.Sts.E.B.) 257 zweiachsige Personenwagen mit einer Länge über Puffer von ca. 10,50 m und einem Radsatzstand von 5 m. Die von den Eigenen Werkstätten der Staatsbahn sowie von privatwirtschaftlich geführten Waggonfabriken in Breslau, Werdau, Weimar und Gotha gebauten Zweiachser erhielten die sächsischen Betriebsnummern 4414 bis 4670. Die als Durchgangswagen ausgeführten Fahrzeuge besaßen offene Perrons, ein Tonnendach und längs zur Fahrtrichtung an den Seitenwänden angebrachte Bretterbänke 4. Klasse. Bei einigen Exemplaren gab es auch in Wagenmitte eine hölzerne Längssitzbank. Zum Einsatz kamen die im Bestandsverzeichnis der K.Sächs.Sts.E.B. auf dem Blatt lfd. Nr. 183 geführten Wagen sowohl auf Haupt- als auch Nebenbahnen in ganz Sachsen. So fuhren derartige Zweiachser nachweislich auch auf den Strecken Neustadt in Sachsen – Dürrröhrsdorf – Weißig-Bühlau, Kamenz – Pirna und Bautzen – Bad Schandau.
Im Jahr 1928 entfiel auf dem Papier die 4. Klasse. Die RBD Dresden ersetzte daraufhin in einigen Wagen die Bretterbänke durch Lattenbänke 3. Klasse, die sie ebenfalls in Längsrichtung einbaute. Für die Wagen mit großem Mittelraum legte die DRG zu dieser Zeit das Skizzenblatt Citr Sa 98 an, für die umgebauten Wagen mit Mittelbank das Blatt Civ Sa 98.
Um 1950 gab es in der DDR noch ca. 20 Personenwagen dieser Bauarten. Einen ggf. schon in den 1930er Jahren von der RBD Dresden zum Bahndienstwagen „Dresden 703 022“ umgezeichneten „183er“ nutzte die Signal- und Fernmeldemeisterei Dresden bis in die 1970er Jahre als Mannschaftswagen (ab 1958 Nr. 833-320, ab 1969 mit EDV-Nr. 60 50 99-61 309-1) im Großraum Dresden und danach als Aufenthaltsraum in Freital. Um seinen Erhalt zu sichern, erwarb ihn 1992 der Windbergbahnverein und hinterstellte ihn im Bw Dresden-Altstadt. Da er mit seinem Radsatzstand von 5 m für einen regulären Einsatz auf der Windbergbahn ungeeignet ist, stand der Wagen ab 2018 zum Verkauf. Einziger Interessent war in dieser Zeit ein Gastronom aus der Eifel, der auch die Begleichung einer Standmiete in Dresden bis zur Abholung zusagte. Denn nach vielen Jahren unter freiem Himmel benötigte der Wagen dringend einen überdachten Abstellplatz. Diesen vermietete die in Dresden-Altstadt die ehemalige Wagenhalle des Henschel-Wegmann-Zuges nutzende SVT Görlitz gGmbH an den Windbergbahnverein. Doch die abgesprochene Abgabe des „183er“ in die Eifel platzte im Jahr 2020 – eine erneute Abstellung des Wagens auf dem VDM-Gelände an der Zwickauer Straße lehnte das Verkehrsmuseum ab, in Dresden-Gittersee war kein Platz für den Zweiachser. Doch die finanziellen Verbindlichkeiten zur Standmiete liefen für den Wagen indes weiter, wodurch kurzzeitig sogar eine Verschrottung ins Gespräch kam. Als die ISEG davon hörte, meldete sie umgehend Kaufinteresse an – und fand damit beim Vorstand des Windbergbahnvereins offene Ohren. Im Dezember 2021 übernahm die ISEG sowohl das Eigentum an dem Wagen als auch den Staffelstab zu seiner Erhaltung. Dazu ließen die Eisenbahnfreunde den Zweiachser im Rahmen einer spektakulären Aktion im April 2021 nach Neustadt bringen und auf das Gleisvorfeld des Lokschuppens heben, in dem er sich seitdem befindet.
Neben dem „183er“ der ISEG sind noch drei weitere Wagen dieser Bauart erhalten: einer in Schwerin als 310-417, einer als „201 135 Mag“ in Lohburg bei Magdeburg sowie einer in der Tschechischen Republik als Ce 3-0507 – übrigens alle als betriebsfähige Museumswagen. Ein solcher Zustand ist auch für das nach Neustadt geholte Exemplar angestrebt.
Der 1917 bei der Waggon- und Maschinenfabrik Aktien-Gesellschaft vorm. Busch in Bautzen gebaute Packwagen trägt seit 1958 die Reichsbahnnummer 730-230 und war bei seiner Abstellung 1969 im damals zur Rbd Dresden gehörenden Gera beheimat. Anschließend diente sein Aufbau zusammen mit den Kästen von zwei preußischen und einem württembergischen Gepäckwagen sowie eines französischen Expressgutwagens in Großenhain als Lager.
Im Oktober 2014 konnte die ISEG den wertvollen Wagenkasten bergen und vorläufig bei der Döllnitzbahn auf einem Rollfahrzeug hinterstellen.
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Die sächsischen Gepäckwagen der Gattung Pw Sa 17 gelten als Vorbild für die in den 1920er Jahren von der Deutschen Reichsbahn beschafften zweiachsigen Gepäckwagenbauarten Pwi 23 und Pwi 27. Dadurch könnten zum Aufachsen des Pw Sa 17 – im übrigen der letzte erhaltene seines Typs – fehlende Baugruppen von ausgediente „Donnerbüchsen“ übernommen werden (also beispielsweise Puffer, Radsätze, Federpakete und die Bremsanlage).
Da es aktuell jedoch keinen Bedarf an einem Einsatz des Pw Sa 17 gibt, hat sich die ISEG entschlossen, den Kasten bis auf Weiteres der Döllnitzbahn als Lagerraum zur Verfügung zu stellen. Dazu haben Mitglieder und Freunde der ISEG mit Unterstützung der Döllnitzbahn und des Fördervereines „Wilder Robert“ e.V. in den Jahren 2018/19 alle Fensteröffnungen des Wagenkastens mit Blechen verschlossen. Aktuell trägt der Aufbau eine graue Lackierung. Am 8. Februar 2020 wurde er am Lokschuppen Mügeln aufgestellt.
Die Geschichte der sächsischen Eisenbahn-Biertransportwagen nahm 1874 ihren Lauf, als die „Eisenwerke und Eisenbahn-Bedarfs-Fabrik Saxonia“ in Radeberg das erste Baumuster patentieren ließ und an die Radeberger Brauerei auslieferte. Von der einstigen Bedeutung dieser Waggongattung, die ab den 1860er Jahren in Deutschland rasche Verbreitung fand, zeugen nur wenige in der Bundesrepublik museal erhaltene Exemplare und ein paar morsche Wagenkästen.
Unser Bierwaggon wurde 1895 von der „Aktiengesellschaft für Fabrikation von Eisenbahnmaterial zu Görlitz“, später auch als WUMAG und Waggonbau Görlitz firmierend, für die bis Ende 1902 noch vor den Toren von Dresden in Plauen gelegene „Aktien-Bierbrauerei zu Reisewitz“ gebaut. Dieser Eigentümer stellte den Wagen bei den K.Sächs.Sts.E.B. als Privatfahrzeuge mit der Nr. 7242 oder 7246 ein, die bis 1909 gültig blieb. Bei der RBD Dresden erhielt unser Wagen 1922 die Nummer 555 087 P. Im „Bildlichen Verzeichnis“ der K.Sächs.Sts.E.B. war unser Wagen ab 1899 gemeinsam mit baugleichen anderen Biertransportwagen auf dem Blatt lfd. Nr. 387 geführt worden.
Unser Wagen ist ein in der Grundsubstanz verhältnismäßig gut erhaltenen früher Vertreter dieser Fahrzeuggattung und ein wertvoller Beleg für den sächsischen Waggonbau. Sein Innenraum wurde im Sommer durch (schmelzendes) Eis gekühlt und im Winter durch eine Dampfheizung und möglicherweise alternativ Presskohlen beheizt. Der Innenraum mit den „Randleisten“ für die Fässer ist bis heute gut erhalten, während von den Einbauten nur noch die Anbaupunkte zu erkennen sind. Die Türen mit der typischen Görlitzer Verriegelung sowie Dichtfilzen sind nahezu vollständig vorhanden.
Bis zum Ende seiner Dienstzeit um 1933 änderten sich die Lackierung des Wagens mindestens einmal, wie sich aus einer erhaltenen Werksaufnahme sowie den Anstrichresten auf den Brettern einer Außenwand nahezu vollständig rekonstruieren lässt. Nach seiner Ausmusterung diente der Kasten des Wagens bis in die 2000er Jahre in Königsbrück als Lagerraum einer Mühle. Um den Kasten zu erhalten, ließ ihn ein wenige Monate später an der Gründung der ISEG beteiligter Eisenbahnfreund im Sommer 2011 bergen und zur Traditionsbahn nach Radebeul Ost bringen. Eine dort angestrebte Aufarbeitung wurde zugunsten anderer Projekte abgebrochen, daraufhin kam der Wagen im April 2021 nach Neustadt. Derzeit laufen Planungen für seine behutsame Restaurierung. Als ältester erhaltener Bierwaggon Deutschlands stellt das Fahrzeug ein Kernelement unserer Arbeit in Neustadt dar. Wir hoffen dabei auf zahlreiche Unterstützung – gerne auch von „Stellmachern“ …
Werkaufnahme des Biertransportwagens 1895 aus Görlitz Foto: Archiv Waggonfabrik Görlitz, Slg. Verkehrsmuseum Dresden gGmbH
Für den Betrieb auf der von 1935-1938 auf Normalspur umgebauten Müglitztalbahn waren auch neue Personenwagen erforderlich. Bei Probefahrten auf der Windbergbahn (Dresden – Possendorf) stellte die Reichsbahndirektion Dresden fest, dass ein Einsatz des vorhandenen Wagenparks in nennenswertem Umfang nicht infrage kam. Das Zuggewicht bei Bergfahrten war auf 175 t begrenzt. Die neuen Wagen sollten durch mehrere Türen kurze Aufenthaltszeiten auf den Unterwegsstationen garantieren und trotzdem über ein ausreichendes Sitzplatzangebot verfügen. Darüber hinaus war Raum für den Transport von Expressgut, Gepäck und Schneeschuhen zu berücksichtigen. Die Eigenmasse sollte gering sein, da im Wintersportverkehr das Bilden möglichst langer Züge vorgesehen war. Neben dem Einsatz auf der Müglitztalbahn beabsichtigte man, die Fahrzeuge vor allem auch im Dresdner Vorortverkehr einzusetzen.
Die Entwicklung der neuen Wagen trieben das Reichsbahn-Zentralamt und die Linke-Hofmann-Werke (LHW) in Breslau voran. 1935 bzw. 1936 wurden zwei BC4i-Probewagen und vier C4i-Probewagen ausgeliefert und zunächst ausgiebig getestet. Auch bei Spitzengeschwindigkeiten von 132 km/h überzeugten die Wagen durch ihre Laufruhe. 1936/37 beschaffte die Deutsche Reichsbahn weitere 30 der Gattung BC4i-35a und 60 der Gattung C4i-35a. Bei diesen Serienfahrzeugen befand sich der Abortraum auf der Wagenseite mit den 3 nebeneinander liegenden Sitzplätzen.
Wagenkasten / Laufwerk
geschweißtes Kastengerippe mit Säulen und Dachspriegeln aus abgekanteten Profilen
Mitteleinstiegspartien aus Walzprofilen zusammengeschweißt
Bekleidungsbleche angeschweißt
Dachbleche angenietet
Eingangsschiebtüren aus Leichtmetall (neben der Gewichtseinsparung leichte Handhabung)
offene Stirnwandübergänge mit Scherengitter
Seitenfenster (1.200/1.000 mm breit) mit Gewichtsausgleich
Fußbodenhöhe von nur 1.200 mm
zweiachsige geschweißte Drehgestelle der Bauart Görlitz IV leicht (entwickelt von LHW)
Leichtradsätze von 900 mm (ab 1942 auch 1000 mm zugelassen) mit Hohlachsen und Gleitlagern
Ausrüstung
mehrlösige, selbsttätige Druckluftbremse der Bauart Hildebrand-Knorr für Personenzüge
Handbremse (betätigt mittels Handrad) beim BC4i-35a im Endraum der 3. Klasse, beim C4i-35a im Traglastenabteil
Zugeinrichtung mit zwei Zughaken, durchgehender Zugstange und Schraubenkupplung
flache und gewölbte Hülsenpuffer der Bauart Krupp ohne Ausgleichsvorrichtung(Pufferteller500mm)
Inneneinrichtung
BC4i-35a:
4 offene Abteile 2. Klasse mit je 8 Sitzplätzen (gepolstert)
2 offene Abteile 3. Klasse mit je 10 Sitzplätzen (Lattenbänke)
1 offenes Abteil 3. Klasse mit 4 Sitzplätzen (Lattenbänke)
Trennung von Raucher- und Nichtraucherabteil mittels Pendeltür
C4i-35a
6 offene Abteile 3. Klasse mit je 10 Sitzplätzen (Lattenbänke)
1 offenes Abteil 3. Klasse mit 4 Sitzplätzen (Lattenbänke)
4 Klappsitze im Traglastenabteil
ein Abort pro Wagen
elektrische Glühlampenbeleuchtung (40 W)
Wendlerluftsauger mit Luftsaugerkästen
Dampfheizung
Rollvorhänge
Linoleumfußboden
Schneeschuhhalter in den Endräumen (38 Paar im BC4i-35a, 60 Paar im C4i-35a)
Zunächst liefen die „Altenberger Wagen“ im Dresdner Vorortverkehr. Im Müglitztal wurde ermittelt, dass zu verkehrsschwachen Zeiten ein Zug mit drei Wagen (Halbzug – bewährt hat sich die Reihung C4i + BC4i + C4i) ausreichend sei. Für den Ausflugs- und Sonderverkehr wurden Stammzüge (zwei Halbzüge) eingesetzt. Für Talfahrten, besonders zur Bewältigung des Rückreisestroms an Sonntagabenden wurden auch Doppelzüge (zwei Stammzüge) eingesetzt.
Die Wagen der Bauart „Heidenau-Altenberg“ haben sich im täglichen Betrieb bewährt. Die Reisenden lobten besonders den hohen Komfort. Bedingt durch die Kriegsereignisse kam es nicht mehr zu den geplanten KdF-Sonderzügen von Hamburg bzw. Berlin nach Altenberg, so dass ihr Einsatz auf den Großraum Dresden beschränkt blieb. Während des Luftangriffs auf Dresden am 13. Februar 1945 wurden zahlreiche Wagen zerstört, einige gelangten ins Ausland. Bei der Deutschen Reichsbahn verblieben etwa 40 Altenberger Wagen. Sie wurden u. a. im Schnellzugdienst auf den KBS-Strecken Plauen – Chemnitz – Dresden – Görlitz bzw. – Zittau eingesetzt. Ab 1954 (nach Auslieferung der Mitteleinstiegswagen vom Typ E5) fuhren die Altenberger Wagen auch wieder auf der Müglitztalbahn. Konstruktionsbedingte Korrosionsschäden zwangen in den 60er Jahren zu immer mehr Ausmusterungen. 1968 verließ der letzte „Altenberger“ das Müglitztal.
Nach ihrer Ausmusterung wurden mehrere Wagen noch viele Jahre als Unterkunftswagen genutzt, so z. B. ein Wagen bis 1991 am Gleis 26a des Leipziger Hbf und vier Wagen bis 1992 im Braunkohletagebau Klettwitz. Der Verbleib aller Altenberger Wagen ist bisher noch nicht zweifelsfrei geklärt. Feststeht, dass 1992 das letzte 1945 auf dem Gebiet der Deutschen Reichsbahn verbliebene Exemplar verschrottet worden ist.
Im Jahr 1998 entdeckten sächsische Eisenbahnfreunde im tschechischen Zlonice einen Altenberger Wagen der Gattung C4i-35a. Dieser nach dem Zweiten Weltkrieg von den CSD genutzte Wagen hatte in der ersten Hälfte der 1960er Jahren die Nummer 64 567 sowie einen elfenbein/blauen Anstrich erhalten und diente danach in Prag-Vršovice als Dienstpendelwagen. Im Jahr 1967 wurde der Wagen als Wrack auf dem Gelände der CSD-Eisenbahnwerkstätte Ceske Velenice gesehen. Es grenzt daher fast an ein Wunder, dass er danach die Jahrzehnte bis 1998 überdauerte.
Unverzüglich begannen Mitglieder des Fördervereins für die Müglitztalbahn e.V., diesen Wagen zu erkunden und zu sichern. Fast zwei Jahre zogen sich die Verhandlungen mit dem Eigentümer und den tschechischen Behörden hin. Am 18. Mai 2000 war es endlich soweit: Das in Vereinseigentum gewechselte Fahrzeug kehrte per Straßentransport nach Deutschland zurück.
Hier gab der Förderverein die Demontage und schrittweise Restaurierung des Wagens im Zustand seiner Indienststellung 1936 mit der Nummer „73 413 Dresden“ in Auftrag. Diese Aufarbeitung übernahmen mehrere Firmen finanziert durch Bankdarlehen, Fördermittel, Spenden sowie Vereinsgelder an verschiedenen Standorten in Sachsen. Bei der Restaurierung stellte sich heraus, dass sogar eine eingeschränkte Betriebsfähigkeit des Wagens erreichbar sein könnte, was schnell zum neuen Arbeitsziel wurde. Einen Tag nach der am 7. September 2005 erfolgten Probefahrt von Görlitz nach Dresden-Altstadt nahm der damalige Wagensachverständige der sächsischen Landesbahnaufsicht den Altenberger Wagen technisch ab. Daraufhin kehrte der Wagen im Jahr 2006 ins Müglitztal zurück, wo der Förderverein für die Müglitztalbahn e. V. in Bärenstein bei Glashütte im gleichen Jahr eine Fahrzeughalle errichten ließ. In dieser Halle fand der Altenberger Wagen ab Oktober 2006 mehrere Jahre einen geschützten Standplatz. Diesen verließ das Fahrzeug in dieser Zeit nur für wenige Sonderfahrten. Doch die Einnahmen des Fördervereins genügten Anfang der 2010er Jahre nicht mehr, um die Raten vor allem für den zum Bau der Fahrzeughalle aufgenommenen Kredit zu begleichen. Am 18. November 2011 meldete der Verein Insolvenz an.
Damit der Altenberger Wagen im Freistaat bleibt, wurde der Vierachser zunächst 2012 vom Landesamt für Denkmalpflege auf die Liste der technischen Denkmale gesetzt. Im Jahr 2013 übernahmen dann Mitglieder der ISEG den Wagen mit abgelaufenen Einsatzfristen aus der Konkursmasse des Müglitztalbahnvereins, um ihn für die Region Dresden sicherzustellen. Die Fahrzeughalle in Bärenstein musste der Wagen verlassen, da das Gebäude einer neuen Nutzung zuzuführen war. Deshalb verließ der Vierachser im April 2014 das Müglitztal und kam zunächst nach Dresden.
Den Wagen als ISEG-Eigentum langfristig geschützt im ehemaligen Bw Dresden-Altstadt unterzustellen, erwies sich als eine Illusion, wie auch andere Versuche einer Abstellung unter Dach in Dresden ohne Erfolg blieben. Daraufhin fand die ISEG zunächst auf einem Firmengelände in Niederau einen bewachten Abstellort, allerdings war dort eine Fahrzeugseite stets der Witterung ausgesetzt. Ende 2016 zeichnete sich eine Lösung ab: eine Unterstellung im ehemaligen Bw Dresden-Friedrichstadt ab 2017. Vor der Überführungsfahrt aus Niederau traf die ISEG die Entscheidung, den Wagen zur Firma Captrain/ITL nach Pirna bringen zu lassen, um dort eine Lauffähigkeitsuntersuchung ausführen zu lassen. Danach sollte „der Altenberger“ wieder regelmäßig auf Eisenbahnfesten präsentiert und ein Einsatzkonzept erarbeitet werden.
Bei der Befundung des Wagens in Pirna stellten die beteiligten Ingenieure jedoch diverse Altschäden aus der Einsatzzeit in der Tschechoslowakei fest. Da sich die Sicherheitsregeln für Eisenbahnfahrzeuge seit 2005 verschärft haben, ist eine Wiederinbetriebnahme ohne vorherige Reparatur dieser Schäden nicht möglich. Doch dazu müsste der Wagen erneut komplett demontiert werden, um auch am Rahmen verschiedene Baugruppen zu erneuern. Eine Grobschätzung benennt dafür Kosten in Höhe von 200.000 bis 300.000 Euro. Ein derartiger Betrag übersteigt die Möglichkeiten der ISEG, deren Arbeitsschwerpunkt im Wiederaufbau des 1909 in Dienst gestellten sächsischen D-Zug-Wagens 1661 liegt.
Daraufhin wurde der Altenberger Wagen um den Jahreswechsel 2017/18 ohne Lauffähigkeitsuntersuchung von Pirna nach Dresden-Friedrichstadt auf das ehemalige Bw-Gelände überführt. Dort erwartete die ISEG die nächste Hiobsbotschaft: Schrottdiebe hatten die Schiebebühnen in und zwischen den beiden Lokschuppen unbrauchbar gemacht. Da sich kein Eisenbahnunternehmen als Mieter für die Lokschuppen fand, verzichteten die neuen Eigentümer auf eine Reparatur der Schiebebühnen und begannen mit dem Umbau der Gebäude als Lagerräume. Damit hatte sich eine geschützte Unterstellung in einem der Lokschuppen in Dresden-Friedrichstadt zerschlagen.
Doch die neuen Grundstückseigentümer des Bw kamen der ISEG mit einem fairen Mietpreisangebot für einen Standplatzes auf den Gleisen im Freigelände entgegen. Daher steht der Altenberger Wagen seit Anfang 2018 an der Hamburger Straße 39b im Freien. Wenn die ISEG-Mitglieder nicht vor Ort sind, dann werfen die das Gelände noch nutzenden Eisenbahnern und die neuen Mieter stets ein wachsames Auge auf das wertvolle Unikat. Mittelfristig strebt die ISEG eine Abstellung des Wagens unter Dach an.
Abschnitte des hier vorliegenden Textes stammen von der Homepage des aufgelösten Fördervereins für die Müglitztalbahn e.V. – mit freundlicher Genehmigung des ehemaligen Vereinsvorsitzenden.
Seit Mitte 2017 befindet sich ein mehr als 110 Jahre alter schmalspuriger offener zweiachsiger Güterwagen im Eigentum der ISEG. Um was für ein Fahrzeug handelt es sich dabei?
Die elbabwärts von Dresden gelegene Stadt Meißen – weltbekannt durch ihre Porzellanmanufaktur – konnte zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit einer besonders vielseitigen verkehrstechnischen Erschließung aufwarten:
– Anbindung an das sächsische Regelspurnetz über die Hauptbahn (Leipzig –) Borsdorf – Coswig (– Dresden)
– Anbindung an das weitverzweigte sächsische 750-mm-Schmalspurnetz in Richtung Wilsdruff/Freital und Lommatzsch/Döbeln
– Güterumschlag von/zur Binnenschifffahrt auf der Elbe
– Haltestelle der Personendampfschifffahrtslinie Dresden – Riesa – Mühlberg
Elektrische Lokomotiven beförderten auf dieser Güterbahn regelspurige Güterwagen im Huckepackbetrieb auf Rollböcken (engl. Trucks) zwischen dem Bahnhof Meißen Triebischtal und den linkselbischen Industrieanschlüssen. Für den Güterverkehr zwischen den Fabriken und dem rechtselbisch angelegten Hauptbahnhof sowie dem Elbkai standen hingegen 17 meterspurige Güterwagen zur Verfügung. Mit dem Neubau der Elbbrücke endete 1934 der Straßenbahnbetrieb zum Hauptbahnhof und zu Beginn des Zweiten Weltkrieges auch der Güterverkehr zum Elbufer. Ein Grund dafür war der Importstopp amerikanischer Jute, die bis dato in nicht unwesentlichen Mengen vom Schiff zur Verarbeitung in der Meißner Jutespinnerei und -weberei umgeschlagen wurde. Den Großteil der nicht mehr benötigten Güterwagen übernahm der Militärfiskus des Deutschen Reiches und so gelangten sechs der Wagen auf die Nordseeinsel Langeoog, wo sie zunächst für Materialtransporte zur militärischen Befestigung der Insel gegen Großbritannien dienten. Die nach Kriegsende noch vorhandenen vier ex Meißner Güterwagen kamen fortan im regulären Frachtgüterverkehr oder zu bahninternen Materialtransporten zum Einsatz. Im Jahre 2009 verlagerte die Inselgemeinde den Güterverkehr von der Schiene auf Elektrolastfahrzeuge. Etwa 20 Güterwagen verkaufte die Inselbahn an Museumsbahnen und interessierte Privatpersonen, darunter auch die vier ex Meißner. Einen davon konnte die ISEG im Jahr 2017 von einem privaten Sammler erwerben. Im Sächsischen Umschulungs- und Fortbildungswerk Dresden e. V. (SUFW) fand von 2018 bis 2021 seine Restaurierung statt. Dabei wurde der ursprüngliche Radsatzstand wiederhergestellt. Auf den Nachbau der Seitenwände verzichtete die ISEG, um den Zustand zu zeigen, wie diese Wagen beim Jutetransport genutzt worden sind. Bei der Aufarbeitung verdichteten sich die Zeichen, dass es sich um den 1907 in Breslau gebauten Güterwagen 14 der Meißner Straßenbahn handelt. Daher erhielt er entsprechend nachgefertigte Fabrikschilder und die Beschriftung „14“. Im Oktober 2021 brachte ein Lkw den Güterwagen nach Meißen, wo er seitdem im ehemaligen Straßenbahndepot hinterstellt ist.
In Zukunft soll der Güterwagen in Meißen gemeinsam mit der im Eigentum des Verkehrsmuseums Dresden befindlichen Güterlokomotive 3, hergestellt 1901 von der Fa. Liebscher in Dresden (mechanischer Teil) und der Union-Elektrizitätsgesellschaft in Berlin (elektrischer Teil), sowie mit einem Rollbockpaar im ehemaligen Straßenbahndepot an der Meißner Jaspisstraße die beiden Transporttechnologien der einstigen Güterbahn dokumentieren.