Monat: Januar 2018

Neuzugang im Fahrzeugsektor der ISEG e.V.

Seit Mitte des vergangenen Jahres 2017 ist die ISEG e.V. im Besitz eines über 110 Jahre alten, schmalspurigen, offenen zweiachsigen Wagens. Um was für ein besonderes Fahrzeug handelt es sich dabei?

Die elbabwärts von Dresden gelegene Stadt Meißen – weltbekannt durch ihre Porzellanmanufaktur – konnte zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit verschiedenen Facetten der verkehrstechnischen Erschließung aufwarten:

–          Anbindung an das sächsische Regelspurnetz über die Hauptbahn (Leipzig –) Borsdorf – Coswig (– Dresden)

–          Anbindung an das weitverzweigte sächsische 750-mm-Schmalspurnetz in Richtung Wilsdruff/Freital und Lommatzsch/Döbeln im Bahnhof Meißen Triebischtal

–          Güterumschlag von/zur Elbbinnenschiffahrt

–          Haltestelle der Personendampfschiffahrtslinie Dresden – Riesa – Mühlberg

–          Überlandverkehr mittels Kraftomnibuslinien

–          Städtischer Personenverkehr mittels meterspuriger Straßenbahn

–          Verknüpfung verschiedener Güterumschlagspunkte (Hauptbahnhof, Elbkai Binnenschiffahrt, Güterbahnhof Meißen Triebischtal und Fabrikanschlüsse) mittels meterspuriger Güterbahn, welche teilweise die Straßenbahngleise mitbenutzte.

Am Meißner Elbkai erfolgte bis 1939 der Umschlag von Jute aus Übersee vom Binnenschiff auf meterspurige Güterwagen, welche den wertvollen Rohstoff in die Spinnerei zur Verarbeitung weiterbeförderten. Foto: Sammlung Mattis Schindler

Elektrische Lokomotiven beförderten auf dieser Güterbahn regelspurige Güterwagen im Huckepackbetrieb auf so genannten Rollböcken (engl. Trucks) zwischen dem Bahnhof Meißen Triebischtal und den Industrieanschlüssen. Für den Güterverkehr zwischen den Fabriken und dem rechtselbisch angelegten Hauptbahnhof sowie dem Elbkai standen hingegen 17 meterspurige Güterwagen zur Verfügung. Mit dem Neubau der Elbbrücke endete 1934 jeglicher Straßenbahnbetrieb zum Hauptbahnhof und zu Beginn des II. Weltkrieges auch der Güterverkehr zum Elbufer. Ein Grund war u. a. der Importstopp amerikanischer Jute, welche bis dato in nicht unwesentlichen Mengen vom Schiff zur Verarbeitung in der Meißner Spinnerei umgeschlagen wurde. Den Großteil der nicht mehr benötigten Güterwagen übernahm der Militärfiskus des Deutschen Reiches und so gelangten sechs der Wagen auf die Nordseeinsel Langeoog, wo sie zunächst für Materialtransporte zur militärischen Befestigung der Insel gegen England dienten. Die zum Kriegsende verbliebenen vier Meißner Güterwagen kamen fortan im regulären Frachtgüterverkehr oder zu bahninternen Materialtransporten zum Einsatz. Im Jahre 2009 verlagerte die Inselgemeinde den Güterverkehr von der Schiene auf Elektrolastfahrzeuge. Etwa 20 Inselbahngüterwagen wurden an Museumsbahnen und interessierte Privatpersonen veräußert, darunter auch die vier Ex-Meißner. Einen davon konnte die ISEG kürzlich mit der Zielstellung der Rückkehr an seinen einstigen Einsatzort erwerben. Im Sächsischen Umschulungs- und Fortbildungswerk Dresden e. V. (SUFW) beginnt 2018 seine Restaurierung annähernd in den Ursprungszustand. Später soll er in Meißen gemeinsam mit der Güterlokomotive Nummer 3 (1901, Hersteller Liebscher Dresden (mechanischer Teil) und Union-Elektrizitätsgesellschaft Berlin (elektrischer Teil), Eigentum Verkehrsmuseum Dresden) im ehemaligen Straßenbahndepot an der Meißener Jaspisstraße gemeinsam mit einem Rollbockpaar die beiden Transporttechnologien der einstigen Güterbahn dokumentieren. Spenden zur Aufarbeitung sind gern willkommen!

Das Bild zeigt einen aus Meißen stammenden Güterwagen – heute im Eigentum der ISEG e.V. – im Einsatz auf Langeoog (Wagen-Nr. 20). Das Werkstättenpersonal hat ihn den betrieblichen und verkehrlichen Anforderungen der Inselbahn angepasst. Foto: Sammlung Ludger Kenning

Ankunft des Meißner Güterwagens am 24. Oktober 2017 beim SUFW in Dresden, wo seine Restaurierung erfolgt. Von den in Sachsen einst eingesetzten meterspurigen Güterwagen blieben bis heute gerade einmal eine Handvoll erhalten. Dank der ISEG kann eines der Unikate in voraussichtlich zwei Jahren dem interessierten Publikum präsentiert werden. Foto: Joachim Schulz

Altenberger Wagen und Technikmuseum Friedrichstadt

Im Rahmen eines Arbeitseinsatzes haben Vereinsmitglieder und Unterstützer im ehemaligen BT Hamburger Straße des Bahnbetriebswerkes Dresden, vormals Bahnbetriebswerk Dresden-Friedrichstadt, ein Gleis Ende Dezember 2017 gereinigt und befahrbar gemacht. Im Bereich des Öllagers ist unserer Altenberger Wagen seit 2. Januar 2018 abgestellt.

Nach einer Präsentation des so genannten „Altenberger Wagens“ am 16. September zum Tag der offenen Tür des Edelstahlwerkes in Freital kam der Mitteleinstiegwagen zur Niederlassung der Firma Captrain (ex ITL) nach Pirna. Bei der Befundung des Fahrzeuges stellten die Gutachter dort verschiedene Altschäden fest, die vermutlich aus der Einsatzzeit des Vierachsers in der Tschechoslowakei stammen. Durch die in den vergangenen Jahren weiter verschärften Sicherheitsbestimmungen ist mit vertretbarem Aufwand aktuell keine erneute betriebsfähige Aufarbeitung des Wagens möglich.

In weiteren Arbeitseinsätzen ist die Befahrbarmachung von weiteren Gleisen im Bereich des heutigen „Gewerbeparks Hamburger Straße“ in Zusammenarbeit mit dem „Technikverein Dresden-Friedrichstadt“ geplant. Dazu sind einige Bäume, Büsche und Brombeerhecken bis Ende Februar 2018 zu beseitigen. Erst danach können die für das Technikmuseum avisierten Schienenfahrzeuge in das alte Bahnbetriebswerk einrücken.

Unterstützer bei diesen Arbeiten sind gern gesehen!